Schwimmen lernen von Kindern mit Migrationshintergrund - Eine Analyse der Rahmenbedingungen in NRW
Projektleitung: | Prof. Dr. Thomas Jaitner |
Mitarbeiter*innen: | |
Auftraggeber: | Staatskanzlei NRW |
Laufzeit: | 10/2020 - 02/2021 |
Inhalte und Ziele
Die Fähigkeit zu Schwimmen ist ein in den letzten Jahrhunderten gewachsenes Kulturgut und eine Voraussetzung, um an der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur aktiv teilhaben zu können. Neben lebensrettenden Zielsetzungen, wie der Prävention von Ertrinkungsunfällen, hat die Schwimmausbildung weitere gesundheits- und entwicklungsbegleitende Funktionen. In der Betrachtung soziodemografischer Dimensionen wird deutlich, dass unter den Nichtschwimmer*innen weniger Kinder mit einem höheren sozialen Status zu finden sind. Wenn das familiäre Umfeld, unter anderem aus kulturellen Gründen, weniger Bezug zum Schwimmen und dem Bewegungsraum Wasser hat, eventuell sogar selbst nicht schwimmen kann, wird der Unterschied durch die ‚intergenerationale Vererbung‘ noch verstärkt und begründet oftmals eine höhere Nichtschwimmer*innen-Quote in der Gruppe der Kinder mit Migrationshintergrund.
Ein wichtiger Baustein für einen flächendeckenden Zugang zur Zielgruppe ist daher der schulische Schwimmunterricht. Das Ziel des Projekts ist es deshalb folgende Fragen zu beleuchten:
- Welche Rahmenbedingungen des schulischen Schwimmunterrichts nehmen fördernd und hemmend auf die Schwimmfähigkeit von Kindern (mit Migrationshintergrund) Einfluss?
- Welche Strategien entwickeln Lehrkräfte, um ihren Schwimmunterricht trotz vielfältig heterogener Lerngruppen erfolgreich zu gestalten?
Exemplarische wurden dazu für den Standort Dortmund die personalen und organisationalen Unterstützungsstrukturen am Beispiel von Schwimmassistent*innen respektive lokalen Kooperationen über qualitative, leitfadengestützte Interviews mit Mitarbeiter*innen aus Schulen, Sportvereinen und der kommunalen Organisationsebene (n=6) beleuchtet. Zudem konnten über eine Online-Befragung und vertiefende Einzelinterviews (n=4) mit Sportlehrkräften Einblicke in die Entwicklung einer interkulturellen Kompetenz durch die Aus- und Fortbildungsstrukturen gewonnen werden.
Ergebnisse
Die Ergebnisse des Pilotprojektes zeigen, dass die Chancen und Herausforderungen in der schulischen Schwimmausbildung für die Befragten ziel-/altersgruppenübergreifend vielfältig sind. Auffällig sind, aus Sicht der Befragten, sinkende Schwimm-/Wasservorerfahrungen bei Kindern und Jugendlichen aus schwächeren Sozialräumen. Besondere Rahmenbedingungen für Kinder mit Migrationshintergrund, wie beispielsweise die Aufklärung der Eltern sowie der Umgang mit geringen Sprachkenntnissen, Geschlechterrollen und Körperlichkeit, müssen von Anfang an berücksichtigt werden. Aufgrund der allgemeinen Strukturbedingungen (Lerngruppenheterogenität, Personal-/Organisationsstrukturen usw.) rücken sie jedoch oft in den Hintergrund. Der Einsatz von gut ausgebildeten Schwimmassistent*innen und die verstärkte Thematisierung kultursensibler Inhalte und Organisationsmöglichkeiten in der Aus- und Fortbildung von Sportlehrkräften können den schulischen Schwimmunterricht zielgruppengerechter gelingen lassen.
Um diese Erkenntnisse über den Standort Dortmund hinaus zu generalisieren, empfiehlt es sich, das Pilotprojekt auf andere Städte und Kreise in NRW auszuweiten. Darüber hinaus wäre für eine flächendeckende Bedarfserhebung und Überprüfung der Einsatzeffizienz auch die Entwicklung einer schwimmspezifischen Testbatterie von großem Nutzen.
Wolter, V., Sendt, A., & Jaitner, T. (2022). Schwimmen lernen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Eine Pilotstudie über den Alltag im schulischen Schwimmunterricht. Forum Kinder- und Jugendsport, 3(1), 50-56. DOI: 10.1007/s43594-022-00063-y